Kündigung

Arbeitgeber widerruft Urlaub

25.05.2022 -

Aktuelle Meldung Arbeitsrecht

Alle Arbeitnehmer erkranken, als der Arbeitgeber den Urlaub widerruft

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 27.07.2021 (Aktenzeichen: 7 Sa 359/20) über einen Fall entschieden, bei dem sich nahezu alle Arbeitnehmer gleichzeitig krankmeldeten. Der Arbeitgeber, ein Arzt, hatte ursprünglich die Schließung der Praxis für eine bestimmte Woche geplant und daher allen Arzthelferinnen für diese Woche Urlaub gewährt. Da die Praxis unvorhergesehen bereits eine Woche vor geplantem Urlaubsbeginn coronabedingt schließen musste, entschied sich der Arzt, den eigentlich geplanten Urlaub zu streichen, damit die Praxis jedenfalls in der zweiten Woche geöffnet sein könnte. Hiermit waren die Angestellten nicht einverstanden und meldeten sich für die geplante Urlaubszeit krank. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin fristlos. Die klagende Arbeitnehmerin machte nun gerichtlich die Unwirksamkeit der Kündigung sowie im Ergebnis Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die zweite Woche geltend.

Das LAG Nürnberg entschied wie folgt: Zwar war die Kündigung unwirksam. Jedoch war die Woche, in der die Arbeitnehmerin behauptete, arbeitsunfähig erkrankt zu sein, als Urlaub zu zählen.

Grundsätzlich, so das Gericht, sei der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im vorliegenden Fall erschüttert. Da fast alle Angestellten gleichzeitig ausgerechnet für die Dauer des widerrufenen Urlaubs Arbeitsunfähigkeit meldeten, bestünden Zweifel an der Richtigkeit der Bescheinigungen.

Da allerdings der Arbeitgeber den Kündigungsgrund beweisen muss, musste auch der Arzt im entschiedenen Fall beweisen, dass die Angestellte nicht arbeitsunfähig krank war sondern eine Erkrankung nur vortäuschte. Die Angestellte legte dem Gericht gegenüber nachvollziehbar Symptome dar. Dass es diese Beschwerden nicht gegeben hatte, vermochte der Arbeitgeber nicht zu beweisen. Daher, so das Gericht, sei die fristlose Kündigung unwirksam.

Anders entschied das Gericht jedoch die Frage der Vergütung für die streitige Woche: Möchte der Arbeitnehmer Urlaubstage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet wissen, muss er im Zweifel beweisen, dass er krank war. Normalerweise reicht dafür die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Da jedoch das Gericht vorliegend den Beweiswert als erschüttert betrachtete, hätte die Arbeitnehmerin ihrerseits beweisen müssen, dass sie tatsächlich krank war. Für diese positive Feststellung reichte allein die Schilderung der Beschwerden nicht aus. Das Gericht gab insoweit dem Arbeitgeber Recht.

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