Kündigung

Kündigungsschutz für ehemaligen Geschäftsführer

12.08.2025 -

Aktuelle Meldung Arbeitsrecht

Auch Geschäftsführer können in den Schutzbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes fallen.

Das Landesarbeitsgericht Hessen musste sich in seinem Urteil vom 28.02.2025 – 14 SLa 578/24 mit der Frage beschäftigen, ob ein ehemaliger GmbH-Geschäftsführer in den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) fällt.

Hierzu muss man zunächst wissen, dass sogenannte juristische Personen wie eine GmbH nicht selbst handeln können. Juristische Personen verfügen zwar über Rechte und Pflichten, können Eigentum an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. Sie können dies aber nicht selbst tun und benötigen hierzu die Hilfe ihrer Organe.

Die GmbH verfügt über zwei Organe: Zum einen den oder die Geschäftsführer und die Gesellschafterversammlung. In der Gesellschafterversammlung finden sich alle Anteilseigner der GmbH wieder, die sogenannten Gesellschafter. Der oder die Geschäftsführer vertreten die GmbH gerichtlich und außergerichtlich. Der Geschäftsführer ist somit das wichtigste Organ für die Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr.

Das Kündigungsschutzgesetz findet keine Anwendung auf Mitglieder von Organen, die zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen sind. Dies liegt daran, dass das Kündigungsschutzgesetz auf Arbeitnehmer zugeschnitten ist. Arbeitnehmer befinden sich gegenüber dem Arbeitgeber in der Regel in einer schwächeren Position. Anders ist dies bei Organ-Geschäftsführern. Da diese selbst Teil des Arbeitgebers sind, bedürfen sie dieses Schutzes nicht. Geschäftsführer entscheiden regelmäßig auch darüber, ob andere Mitarbeiter eingestellt oder entlassen werden. Diese Entscheidungen stellen typische Entscheidungen eines Arbeitgebers dar.

Zuständig für die Kündigung und Abberufung von Geschäftsführern ist die Gesellschafterversammlung.

Hier ist es wichtig zu unterscheiden:

Zum einen wird der Geschäftsführer als Organ bestellt. Dies bedeutet, dass er durch die Gesellschafterversammlung zum Geschäftsführer bestellt und im Handelsregister eingetragen wird. Mit der Bestellung kann der Geschäftsführer für die GmbH handeln. Die Bestellung kann von der Gesellschafterversammlung jederzeit widerrufen werden.

Zum anderen schließt die GmbH, vertreten durch die Gesellschafterversammlung, mit dem Geschäftsführer einen Geschäftsführeranstellungsvertrag. Dieser regelt das persönliche Verhältnis zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft. Häufig enthält der Anstellungsvertrag eine Regelung, wonach er dann endet, wenn die Bestellung widerrufen wird, dies gilt aber nicht für alle Anstellungsverträge.

So lag die Sache in dem Fall, den das Landesarbeitsgericht Hessen zu entscheiden hatte.

Der Kläger war seit 2021 als Geschäftsführer mit der Bezeichnung „Vice-President“ bei der Beklagten angestellt. Der Anstellungsvertrag sah zwar eine Tätigkeit als Geschäftsführer vor, einen entsprechenden Anspruch sollte der Kläger aber nicht haben. Kurze Zeit später wurde der Kläger als Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen.

Nach ca. einem Jahr wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er als Geschäftsführer abberufen werden solle, dies wurde auch der Belegschaft mitgeteilt. Auch ein Nachfolger des Klägers wurde bereits vorgestellt. Der Kläger nahm ab diesem Zeitpunkt keine Geschäftsführeraufgaben mehr wahr, obwohl er noch im Handelsregister eingetragen war. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung wurde der Kläger sodann Anfang Februar 2023 als Geschäftsführer abberufen und kurze Zeit später aus dem Handelsregister ausgetragen.

Die Beklagte versuchte sodann erfolglos, den Kläger nach dessen Abberufung als Geschäftsführer auf eine gleichwertige Stelle innerhalb der Gesellschaft zu vermitteln. Schließlich erhielt der Kläger Ende Juni 2023 ein Kündigungsschreiben der Beklagten, mit welchem das Arbeitsverhältnis zum Ende des Jahres 2023 ordentlich gekündigt wurde. Einen Kündigungsgrund hatte die Beklagte nicht angegeben.

Gegen diese Kündigung ging der Kläger sodann im Wege der Kündigungsschutzklage vor. Das zuständige Arbeitsgericht entschied, dass die Kündigung grundsätzlich Bestand habe, das Arbeitsverhältnis allerdings zu einem späteren Zeitpunkt ende. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Daraufhin entschied das Landesarbeitsgericht Hessen, dass die Kündigung keinen Bestand haben könne und das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten fortbestehe.

Dies wurde folgendermaßen begründet:

Das Landesarbeitsgericht ging davon aus, dass das Kündigungsschutzgesetz auf den Kläger Anwendung findet.

Begründet wurde dies damit, dass die Kündigung zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Geschäftsführer nicht mehr Organ der GmbH war. Der Geschäftsführer war bereits im Februar 2023 aus dem Handelsregister ausgetragen worden. Die Kündigung des Anstellungsvertrages erfolgte erst Monate danach. Zu diesem Zeitpunkt bestand keine Organstellung mehr, sodass das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.

Insbesondere entschied das Landesarbeitsgericht, dass § 14 KSchG keine Anwendung findet. Hiernach findet der allgemeine Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes keine Anwendung auf die Mitglieder eines Organs, das zur gesetzlichen Vertretung einer juristischen Person berufen ist. Dies betrifft u. a. Geschäftsführer einer GmbH. Maßgeblich sei aber, dass die Organstellung im Zeitpunkt der Kündigung des Anstellungsvertrages noch bestehen müsse, damit der allgemeine Kündigungsschutz keine Anwendung findet.

Es kommt somit für das Bestehen des allgemeinen Kündigungsschutzes nicht auf den Anstellungsvertrag, sondern auf die Organstellung im Zeitpunkt der Kündigungserklärung an.

Hinzu kam noch, dass der Anstellungsvertrag des Klägers ausdrücklich vorsah, dass er auch anderweitig als Geschäftsführer eingesetzt werden könne. Daraus schlussfolgerte das Landesarbeitsgericht, dass der Anstellungsvertrag nicht anlässlich der Bestellung als Geschäftsführer (Organ der GmbH) des Klägers geschlossen wurde. Vielmehr habe man sich noch andere Tätigkeiten vorbehalten.

Da die Beklagte keine Kündigungsgründe vorbringen konnte, wurde die Kündigung durch das Landesarbeitsgericht als sozial ungerechtfertigt angesehen.

Damit bleibt festzuhalten, dass auch Geschäftsführer in den Schutzbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes fallen können. Hierfür bedarf es allerdings einer genauen Betrachtung des Einzelfalls. Insbesondere ist hierfür die konkrete vertragliche Regelung des Anstellungsvertrages relevant.

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