Kündigung

Kein Kündigungsschutz bei beabsichtigter Betriebsratsgründung während der Probezeit

26.08.2025 -

Aktuelle Meldung Arbeitsrecht

In der Probezeit keine Bestrebungen zur Gründung eines Betriebsrates unternehmen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) München hatte sich kürzlich mit der Probezeitkündigung eines Mitarbeiters zu beschäftigen, der bei seinem Arbeitgeber einen Betriebsrat gründen wollte (LAG München, Urteil vom 20.08.2025 – 10 SLa 2/25).

Hierzu muss man zunächst wissen, dass Arbeitnehmer erst nach einer ununterbrochenen Betriebsangehörigkeit von länger als 6 Monaten allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) genießen. Diese Wartezeit wird allgemein als Probezeit bezeichnet. Mit § 15 Abs. 3b KSchG besteht eine spezielle Regelung zum Schutz von Mitarbeitern, die einen Betriebsrat gründen möchten. Diese Mitarbeiter sind im Vorfeld, d. h. bei der Vorbereitung einer Betriebsratswahl, vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber geschützt. Die Dauer dieses Sonderkündigungsschutzes beträgt maximal 3 Monate.

Eine ebenfalls schützende Regelung sieht § 20 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor. Hiernach darf niemand die Wahl eines Betriebsrats behindern. Insbesondere darf kein Arbeitnehmer in der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts beschränkt werden.

Der betroffene Arbeitnehmer war erst seit wenigen Tagen bei seinem Arbeitgeber als Sicherheitsmitarbeiter beschäftigt und befand sich damit noch in der Probezeit. Er ließ sodann bei einem Notar seine Absicht zur Gründung eines Betriebsrates notariell beglaubigen. Dieses Vorgehen ist gesetzlich vorgeschrieben, um den gesetzlichen Sonderkündigungsschutz erhalten zu können.

Anschließend informierte er seinen Arbeitgeber über die beabsichtigte Betriebsratswahl und bat um Übersendung eines Verzeichnisses der Wahlberechtigten. Auf die bereits erfolgte notarielle Beglaubigung der Gründungsabsicht wies er seinen Arbeitgeber nicht hin.

Einen Tag später erfolgte die Kündigung durch seinen Arbeitgeber mit der Begründung, der Arbeitnehmer sei für die Tätigkeit als Sicherheitsmitarbeiter ungeeignet. Der Arbeitnehmer war der Auffassung, dass ihm nur deshalb gekündigt worden sei, weil er einen Betriebsrat habe gründen wollen.

Er erhob daher Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht und meinte, der Arbeitgeber habe gegen § 20 Abs. 1 BetrVG verstoßen. Erst nach mehreren Monaten nach Klageerhebung berief sich der Arbeitnehmer auf den Sonderkündigungsschutz aus § 15 Abs. 3b KSchG. Das Arbeitsgericht gab der Klage zunächst statt und erklärte die Kündigung für unwirksam. Der Arbeitgeber legte daraufhin Berufung zum LAG München ein. Dieses gab der Berufung statt und erklärte die Kündigung für wirksam.

Dies wurde folgendermaßen begründet:

Das LAG München ist der Auffassung, dass der Sonderkündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 3b KSchG erst nach Ablauf der Wartefrist von 6 Monaten zur Anwendung komme. Dies wird mit dem Wortlaut der Vorschrift begründet. Hiernach ist eine Kündigung unzulässig, die sich auf Gründe stützt, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Für Kündigungen aus derartigen Gründen legt § 1 Abs. 1 und 2 KSchG fest, dass der Kündigungsschutz erst ab einer ununterbrochenen Betriebsangehörigkeit von länger als 6 Monaten besteht.

Eine Kündigung während der Probezeit muss nicht begründet werden.

Des Weiteren geht das LAG München von einer Verwirkung des Anspruchs auf Sonderkündigungsschutz aus, weil sich der Arbeitnehmer zu spät darauf berufen habe. Verwirkung meint das Zusammenfallen eines Zeit- und eines Umstandsmoments. Dies bedeutet, dass eine gewisse Zeit verstrichen sein muss und der Anspruchsgegner aus dem Verhalten des Anspruchstellers berechtigterweise schließen durfte, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht und die ihm aus der verspäteten Geltendmachung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.

Der Arbeitnehmer hätte seinen Arbeitgeber darüber informieren müssen, dass er von einer Anwendbarkeit des Sonderkündigungsschutzes gemäß § 15 Abs. 3b KSchG ausgehe. Insbesondere hätte der Arbeitnehmer auf die bereits erfolgte notarielle Beglaubigung der Absicht zur Gründung eines Betriebsrates hinweisen müssen. Dieser Hinweis hätte innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung erfolgen müssen. Hintergrund ist, dass eine Kündigungsschutzklage gemäß § 4 S. 1 KSchG binnen drei Wochen nach dem Zugang der schriftlichen Kündigung erhoben werden muss, damit die Kündigung nicht gemäß § 7 KSchG als von Anfang an wirksam gilt. Des Weiteren beschränkt sich der Sonderkündigungsschutz des § 15 Abs. 3 KSchG auf einen Zeitraum von maximal 3 Monaten ab Abgabe der beglaubigten Erklärung zur Gründungsabsicht eines Betriebsrats. Jedenfalls nach Ablauf dieser Frist könne sich der Arbeitnehmer nicht mehr auf den Sonderkündigungsschutz berufen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Da die Rechtsauffassung des LAG München nicht allgemein geteilt wird, ist mit einer alsbaldigen Klärung durch das Bundesarbeitsgericht zu rechnen.

Bis dahin kann jedem Arbeitnehmer nur empfohlen werden, rechtzeitig auf einen eventuell bestehenden Sonderkündigungsschutz hinzuweisen. Im Übrigen sollten Arbeitnehmer während der sogenannten Probezeit keine Bestrebungen zur Gründung eines Betriebsrates unternehmen, um Ihr Arbeitsverhältnis nicht zu gefährden.

Noch Fragen? Wir informieren Sie gerne telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch: Tel.: 0541 - 999 7 444