Es mag vorkommen, dass Arbeitgeber auf Druck von anderen Mitarbeitern zur Aufrechterhaltung des Betriebsfriedens und der Sicherstellung von Betriebsabläufen einzelne Mitarbeiter kündigen. Oftmals besteht die Ursache in Konflikten innerhalb der Belegschaft.
Verlangt die Belegschaft von dem Arbeitgeber die Kündigung eines bestimmten Arbeitnehmers und droht für die Nichtbefolgung mit Nachteilen für den Arbeitgeber, handelt es sich um eine Druckkündigung, wenn der Arbeitgeber diesem Verlangen nachkommt.
Die Rechtsprechung unterscheidet hier zwei Varianten:
Von der Rechtsprechung werden für die Zulässigkeit einer Druckkündigung strenge Voraussetzungen aufgestellt. Damit eine betriebsbedingte Druckkündigung (echte Druckkündigung) zulässig ist, muss sich der Arbeitgeber aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer stellen.
Er muss alles Zumutbare versuchen, um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen. Eine solche Drohung kann beispielsweise darin bestehen, dass sich sämtliche Kolleginnen und Kollegen des betroffenen Arbeitnehmers krankmelden oder einen Versetzungsantrag stellen oder sogar selbst mit einer Kündigung drohen, sollten Sie mit besagtem Kollegen zusammenarbeiten müssen.
Hat der Arbeitgeber versucht, die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen und wird daraufhin gleichwohl ein Verhalten Aussicht gestellt, das zu schweren wirtschaftlichen Schäden für den Arbeitgeber führen kann, kann die Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers gerechtfertigt sein.
Dies kann beispielsweise im Falle von Streik oder einer Massenkündigung der Fall sein. Hierbei ist allerdings wichtig, dass die Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers das einzige in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden. Der Arbeitgeber muss also zuvor versucht haben, den Arbeitnehmer beispielsweise in einer anderen Abteilung oder zu anderen Arbeitszeiten einzusetzen.
Im vorliegenden Fall hatte das Landesarbeitsgericht Niedersachsen mit Urteil vom 13.05.2025 – 10s SLa 687/24 über eine solche Druckkündigung zu entscheiden.
Der Arbeitgeber hat den betroffenen Arbeitnehmer außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt, da aufgrund einer tarifvertraglichen Besonderheit der Arbeitnehmer nicht ordentlich gekündigt werden konnte.
Die Kündigung hatte ihre Ursache darin, dass die Arbeitskollegen des betroffenen Arbeitnehmers nicht mehr mit diesen zusammenarbeiten wollten. Das Arbeitsverhältnis bestand schon mehr als 10 Jahre. Es war in dieser Zeit insgesamt sehr konfliktbelastet.
Der Arbeitgeber hatte in dieser Zeit mehrfach versucht, zwischen dem betroffenen Arbeitnehmer und seinen Kollegen zu vermitteln. Es hat die u. a. auch den Versuch einer innerbetrieblichen Mediation gegeben, die allerdings nicht stattfinden konnte.
Die Situation eskalierte dann so weit, dass die Kollegen des betroffenen Arbeitnehmers Versetzungsanträge stellten und nun selbst mit einer Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses drohten. Auch hatte es zahlreiche Krankmeldungen in der Schicht gegeben, in der der betroffene Arbeitnehmer eingesetzt wurde.
Aufgrund dessen sah sich der Arbeitgeber zum Handeln gezwungen und kündigte den betroffenen Arbeitnehmer.
Hiergegen erhob der Arbeitnehmer sodann erfolgreich Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Gegen diese Entscheidung des Arbeitsgerichts ging der Arbeitgeber mit der Berufung vor. Letztlich erfolglos.
Das Landesarbeitsgericht führte aus, dass der Arbeitgeber sich hier nicht ausreichend bemüht habe, die Situation zu entschärfen. Insbesondere sei der Versuch einer innerbetrieblichen Mediation nicht ausreichend gewesen. In dem gesamten Verhalten des Arbeitgebers sei nicht erkennbar, dass der Arbeitgeber sich schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer gestellt habe. Dies sei aber seine vertragliche Pflicht gewesen.
Der Arbeitgeber ist hier nicht seiner Pflicht zur Deeskalation nachgekommen. Er hätte in diesem Zusammenhang mehr vermitteln müssen. Stattdessen hat der Arbeitgeber den Konflikt verschleppt.
Betreibt der Arbeitgeber kein ausreichendes Konfliktmanagement, geht dieses Versäumnis zu seinem Nachteil. Es kann nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers sein, wenn der Arbeitgeber keine ausreichenden Maßnahmen trifft, um den Konflikt zu lösen.
Erst wenn hinreichende und erforderliche Maßnahmen des Arbeitgebers zur Konfliktlösung keinen Erfolg zeigen, darf der Arbeitgeber letztlich auf das Mittel der Kündigung zurückgreifen. Die Kündigung muss immer das letzte Mittel sein. Es geht unter Umstände um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der objektiv keinen Anlass für das Verhalten der Belegschaft gegeben hat.
Von einer Druckkündigung betroffene Arbeitnehmer haben also gute Chancen, sich gegen eine solche Kündigung zu wehren.