Mit Urteil vom 12. Februar 2025 – 5 AZR 127/24 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der in einem gekündigten Arbeitsverhältnis von seinem Arbeitgeber freigestellt wurde, es in der Regel nicht i. S. v. § 615 Satz 2 BGB böswillig unterlässt, anderweitigen Verdienst zu erzielen. Der Arbeitnehmer erhält also weiterhin seinen Lohn, ohne arbeiten zu müssen.
Maßgeblich hierfür ist allerdings, dass der Arbeitnehmer nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingegangen ist.
Hintergrund dieser Entscheidung ist die gesetzliche Regelung in § 615 Satz 2 BGB. Diese sieht vor, dass ein Arbeitnehmer auch dann seinen Lohn verlangen kann, wenn sich der Arbeitgeber bei Annahme der Arbeitsleistung in Verzug befindet. Hierfür ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung anbietet und der Arbeitgeber diese Leistung ablehnt, obwohl er diese hätte annehmen müssen.
Der Arbeitnehmer ist im Arbeitsverhältnis vertraglich verpflichtet zu arbeiten und der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anzunehmen.
Wird die angebotene Arbeitsleistung grundlos nicht angenommen, kann der Arbeitnehmer Annahmeverzugslohn verlangen. Der Arbeitnehmer muss also für die tatsächlich nicht geleistete Arbeit so bezahlt werden, als habe er sie geleistet.
Der Arbeitnehmer muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ 615 S. 2 BGB). Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer in der Zeit, in der er für den Arbeitgeber nicht tätig sein kann, anderweitig Einnahmen erzielen muss. Dies kann beispielsweise durch eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber erfolgen. Unterlässt es dies ohne triftigen Grund, wird er so gestellt, als habe er Einnahmen erzielt.
Relevant wird diese gesetzliche Regelung vor allem bei einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber. Hier läuft nach Ausspruch der Kündigung noch die Kündigungsfrist. Mit Ablauf der Kündigungsfrist ist das Arbeitsverhältnis dann beendet. Je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses können bis zu seiner tatsächlichen Beendigung noch einige Monate vergehen.
Regelmäßig wird der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dann einseitig von der Erbringung der Arbeitsleistung freistellen. In dem Fall bleibt der Arbeitgeber aber dazu verpflichtet, den Lohn weiterzuzahlen. Tut er dies nicht, steht dem Arbeitnehmer Annahmeverzugslohn zu, da der Arbeitgeber durch die einseitige Freistellung seine Beschäftigungspflicht verletzt.
In dem vom BAG entschiedenen Fall war es so, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ordentlich gekündigt wurde. Daraufhin stellte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gegen Fortzahlung des Lohns einseitig von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung frei.
In dieser Zeit hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diverse Angebote unterbreitet bzw. entsprechende Angebote übersandt. Der Arbeitnehmer hatte sich aber erst nach Ablauf der Kündigungsfrist auf einen Teil dieser Angebote beworben.
Der Arbeitgeber vertrat daraufhin die Auffassung, dass er den letzten Monat der Kündigungsfrist nicht mehr entlohnen müsse, da der Arbeitnehmer es böswillig unterlassen habe, entsprechende eigene Einnahmen zu erzielen, die hätten angerechnet werden müssen.
Das BAG hat entschieden, dass der Arbeitnehmer sich rechtmäßig verhalten hat. Der Arbeitnehmer musste sich nicht während der Freistellung auf weitere Stellen bewerben.